Und keiner von euch, ihr Dichter Von Philipp Beyer
Und keiner von euch, ihr Dichter, keiner
Schlägt Alarm, wenn hier in Elsass-Lothringen Unsere Sprache geht zugrunde!?
Die Geliebte - eure Sprache, Dichter, und unsere, Unsere Sprache, Dichter, und eure -, Die Geliebte In Elsass-Lothringen zweieinhalbmillionenmal
Zentral geplant und nach Programm Gebrochen und umgeschult, Überrumpelt und umgekrempelt, Die Geliebte gezielt zugrunde gerichtet: Ist das keine Schande für euch
Dichter und Denker dieser Sprache? Ihr brecht Tabus so gern, Packt an auch jedes heiße Eisen, Ihr strebt doch ehrlich und fleißig für alle Nach Wahrheit und Freiheit so sehr!
Und dass ja nur keiner irgendwann kommt Und sagt, er wusste es nicht! Hab nichts gesehen, hab nichts gehört, Ich wusste von nichts, ich schwör’s,
Und außerdem, was geht mich an Des Nachbarn Garten? Sie wollten es selbst doch gar nicht anders, Bei mir hat sich keiner von ihnen beschwert...
Und der, der sie erstmals reimte, die Wilde, Der, vor allem, der Tristans Liebe besungen, Der dann, der für uns die Bibel druckte, und der,
Der kurtz doch warhafftig relatirte in der ersten Zeitung: Was sprechen die zu euch, Die ihr schreibt und verlegt und druckt Und zu lesen, zu hören seid so weit die Welt,
Was sprechen all die Großen und auch die Kleinen, Die sie liebten, hier im Elsass, Und auch die, die in Zukunft Hier sie noch ehren könnten? Weg mit denen? Zum Teufel und zum Kuckuck?
Wir sind da, wir Störenfriede An Rhein und Saar und Mosel, Das Straßburger Münster Und auch der Altar unter den Linden, Vor dem wir lange zusammen gebetet!
Wir sind da und wir bekennen, Dass wir sie lieben, auch wir, Die unsere Schöne Unter all den Schönen!
Ihr Dichter, zeigt euch! Sprecht ein Wort! Hat keiner von euch denn diesen Mut? Wir sind da, wir Elsass-Lothringer - Wir die verdrängten schwarzen Schafe
Von dieser verfluchten Familie! Schämt euch, ihr Dichter und Denker! Schämt euch zweieinhalbmillionenmal! O schämt euch, ihr Dichter, Wenn ihr der Geliebten Schaut so tief in die Seele,
Wie nur ihr es könnt!
© 2002 Ph. Beyer
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